Für eine Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran

Am 8. Mai dieses Jahres verkündete US-Präsident Trump die einseitige Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA. Das Abkommen war 2015 von der 5+1 Gruppe zusammen mit dem Iran ausgehandelt worden. Im Gegenzug zur Lockerung von Wirtschaftssanktionen durch den Westen verpflichtete sich der Iran unter anderem, sein Urananreicherungsprogramm zu limitieren und seine Atomanlagen regelmäßig von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) daraufhin überprüfen zu lassen.

  1. Die Jungen Liberalen Hamburg missbilligen ausdrücklich den einseitigen Ausstieg der USA aus dem Abkommen. Er ist eine Absage an die multilaterale Zusammenarbeit und verstärkt die Spaltung des Westens in außenpolitischen Fragen. Das verschlechtert dessen Verhandlungsposition nicht nur gegenüber dem Iran enorm. Gleichzeitig läuft der Ausstieg auch zu den Zielen des Abkommens konträr. Denn er schwächt die moderaten Kräfte um Irans Präsident Rohani, die das infolge der Sanktionslockerung erwartete Wirtschaftswachstum eigentlich stärken sollte, und verschafft den autoritären Kräften, besonders den Revolutionswächtern, Auftrieb.

Gleichwohl war die Entscheidung Trumps alles andere als überraschend. Das von den USA unter der Obama-Administration unterzeichnete Abkommen war schon bei der damaligen Republikanischen Partei äußerst unbeliebt. Deren Mehrheit im Kongress verhinderte eine Ratifizierung, der Grund dafür, dass Trump die reine Exekutivvereinbarung nun im Alleingang aufkündigen konnte. Im Wahlkampf schließlich kritisierte Trump das Abkommen mehrfach heftig, und sein neuer Sicherheitsberater forderte gar einen gewaltsamen regime change im Iran.

Dennoch machte sich auf deutscher Seite eher Abwarten bemerkbar. Nach Trumps Entscheidung bemerkte Kanzlerin Merkel auf dem Katholikentag in Münster, ähnlich wie schon bei ihrer berühmten Bierzelt-Rede, der Ausstieg verletze „das Vertrauen in die internationale Ordnung“. Frankreichs Präsident Macron hatte sich, ganz im Gegenteil, in den Wochen vor dem US-Ausstieg mit Verantwortlichen aller unterzeichnenden Länder getroffen und unter anderem in einer Rede vor beiden Häusern im US-Kongress für das Abkommen geworben. Ein solches Vorgehen war aufseiten der Bundesregierung nicht zu beobachten.

  1. Die Jungen Liberalen Hamburg fordern daher die Bundesregierung auf, in dieser wichtigen außenpolitischen Frage proaktiv und gemeinsam mit den verbleibenden Unterzeichnern aus der 5+1 Gruppe sowie den übrigen EU-Mitgliedsstaaten Lösungen zu entwickeln. Kritik aus Münster oder dem Bierzelt genügt nicht. Der Ankündigung, Europa müsse sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, müssen auch in dieser Frage Taten folgen. Dafür sollte sich die Bundesregierung insbesondere mit ihrem nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat in den Jahren 2019 und 2020 einsetzen.
  1. Weiterhin fordern die Jungen Liberalen Hamburg die Bundesregierung auf, in den Dialog mit der US-Legislative und der dortigen Zivilgesellschaft einzutreten bzw. diesen zu verstärken. So sollte sie aktiv den Kontakt zu Außenpolitikern sowohl der Republikanischen als auch der Demokratischen Partei suchen, wie Macron es mit seinem Besuch vorgemacht hat. Ein Arbeitsbesuch mit Gesprächen über wenige Stunden wie der von Merkel ist angesichts der enormen politischen Differenzen unzureichend. Allein wegen der Trump-Administration darf sich keine dauerhafte Entfremdung im transatlantischen Verhältnis breit machen.

Es bleibt festzuhalten, dass der Ausstieg der USA bereits Konsequenzen nach sich gezogen hat. Nur einen Tag später feuerten iranische Einheiten 20 Raketen auf israelische Militärposten auf den Golanhöhen. Das stellt eine Aggression dar, die nach einhelliger Auffassung unmittelbar mit dem Rückzug der USA zusammenhängt. Israel antwortete mit entsprechenden Militärschlägen auf iranische Stellungen in Syrien. Auch verbal ist der Konflikt eskaliert: Revolutionsführer Ali Khamenei kündigte an, der Iran werde seine Kapazitäten zur Urananreicherung hochfahren, und bezeichnete Israel in einem Tweet jüngst als „ein bösartiges Krebsgeschwür“. Daraufhin drohte wiederum Israels Ministerpräsident Netanyahu mit Vergeltungsschlägen.

  1. Die Jungen Liberalen Hamburg fordern daher alle beteiligten Parteien zur Mäßigung auf. Oberstes Ziel deutscher wie europäischer Diplomatie muss die Deeskalation sein. Sonst droht ein Krieg zwischen Israel einerseits und der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon sowie iranischen Einheiten in Syrien andererseits.

Weiterhin lehnen die Jungen Liberalen Hamburg die iranische Expansions- und Aggressionspolitik ab. Die Unterstützung von Syriens Diktator Assad, dessen Krieg gegen das eigene Volk unter Einsatz von Chemiewaffen nach Schätzungen bereits über eine halbe Million Menschen das Leben gekostet hat, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Gleiches gilt für die israelfeindliche Haltung der iranischen Führung.

Die Jungen Liberalen Hamburg bekennen sich zur besonderen Verantwortung Deutschlands zum jüdischen und demokratischen Staat Israel. Es ist ein Grundpfeiler deutscher Außenpolitik, für das Existenzrecht Israels einzutreten und die Friedensbemühungen im Nahen Osten zu unterstützen.

  1. Eben um eine weitere Eskalation zu verhindern, stehen die Jungen Liberalen Hamburg aber grundsätzlich hinter dem Atomabkommen mit dem Iran und fordern die Bundesregierung mit Nachdruck auf, sich für dessen Zukunft einzusetzen. Schließlich hat sich der Iran nach Angaben der IAEO bisher an die Vorgaben gehalten. Eine stärkere Urananreicherung durch den Iran und ein sodann abzusehender Wettlauf um die Atombombe mit Saudi-Arabien sind hingegen unbedingt zu vermeiden.

Allerdings ist zu beachten, dass der Ausstieg der USA auch mittelbar großen Einfluss auf das Abkommen ausübt. Denn durch die Reaktivierung auch der sekundären US-Sanktionen, wonach Unternehmen, die sowohl im Iran als auch in den USA geschäftlich tätig sind, hohe Strafen drohen, lohnen sich Investitionen im Iran für internationale Unternehmen nicht mehr. So kündigte etwa der französische Autobauer PSA, Mutterkonzern von Opel, bereits seinen Rückzug aus dem Iran-Geschäft an.

Das ist nicht nur wirtschaftlich ungünstig, sondern verringert auch den Nutzen des Abkommens für den Iran, da nur noch kleinere Unternehmen angezogen werden. Somit wird die Schwelle für den Iran, ebenfalls das Abkommen aufzukündigen, herabgesetzt.

  1. Die Jungen Liberalen Hamburg begrüßen aus diesem Grund das von der EU-Kommission verabschiedete Sanktions-Abwehrgesetz, welches Entschädigungen für Firmen vorsieht, denen von den USA Strafen drohen. Auch der gemeinsame Brief von Frankreich, Großbritannien und Deutschland an die USA mit der Bitte, EU-Unternehmen von den Sanktionen auszunehmen, verdient Lob.

Sollten diese Maßnahmen indes nicht die gewünschte Wirkung erzielen, müssen – unter Einbeziehung der USA – auch zusätzliche Verhandlungen mit dem Iran erwogen werden.