Für selbstbestimmte Sexarbeiter

Die Jungen Liberalen fordern, die Legalität selbstbestimmter Prostitution in Deutschland aufrechtzuhalten. Prostitution ist ein Gewerbe wie jedes andere und bedarf der vollständigen rechtlichen Gleichstellung. Das heißt auch, dass die Kompetenz zur Überprüfung der Einhaltung gewerberechtlicher Vorschriften bei der Ordnungsbehörde liegen muss und nicht bei der Polizei. Den Besonderheiten der Branche muss dort, wo es nötig ist, zurückhaltend begegnet werden. Eine Verbotspolitik hätte die Verdrängung betroffener Sexarbeiter in ein kriminelles Milieu zur Folge. Aus liberaler Perspektive muss oberstes Ziel der Prostitutionspolitik die Verteidigung der sexuellen Selbstbestimmung sein.

Selbstbestimmtheit braucht leistungsabhängige Bezahlung

Die Jungen Liberalen erkennen jedoch an, dass die sexuelle Selbstbestimmtheit von Sexarbeitern auch in der aktuellen Rechtslage und Gewerbepraxis in Deutschland teilweise erheblich kompromittiert wird. Wenn sie Pauschalbeträge zum Angebot ihrer Dienstleistungen bezahlen müssen, kann dies den wirtschaftlichen Druck erhöhen, in einer bestimmten Zeit Freier anzunehmen, so dass sich im Graubereich zwischen freiwilligem Angebot und wirtschaftlicher Notlage eine Verschiebung zu Ungunsten der Freiwilligkeit ergibt. Jeder Sexarbeiter entscheidet selbstständig über sein Geschäftsmodell. So sind beispielsweise Flatrate- Angebote sowohl für Selbstständige als auch für angestellte Sexarbeiter ein akzeptables Geschäftsmodell, das ein festes Tageseinkommen bietet und eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit gewährleistet. Die Jungen Liberalen sprechen sich sowohl gegen Sondersteuern aus, die Prostitution stärker belasten als andere Gewerbe und fordern gleichzeitig die Abschaffung überhöhter Gebühren und Beiträge, die faktisch Sondersteuern darstellen. Die derzeitigen Freigrenzen im Einkommens- und Gewerbesteuerrecht sowie die Kleinunternehmerregelung im Umsatzsteuerrecht sind beizubehalten. Dabei bedarf es einer umfassenden Aufklärung in der Landessprache der Betroffenen.

Selbstbestimmtheit heißt meist Selbstständigkeit

Die Jungen Liberalen stellen fest, dass das rot-grüne Prostitutionsgesetz ihr Hauptziel – Prostituierte zur sozialversicherungspflichtigen Anstellung zu verhelfen – verfehlt hat. Daher fordern die Jungen Liberalen es in Zukunft den Sexarbeitern zu überlassen, welcher Art das Beschäftigungsverhältnis ist. Der Gesetzgeber sorgt mit den Berufsgenossenschaften für faire und saubere Arbeitsbedingungen. Unbedingt notwendig ist eine Überarbeitung von arbeitsrechtlichen Normen, die Sonderregelungen für Sexarbeiter enthalten, um das Angestelltenverhältnis praktikabel zu gestalten. Im Rahmen dessen bedarf es auch einer Neufassung des §180a StGB. Die Jungen Liberalen fordern darüber hinaus, ein Genehmigungserfordernis, die an den Betreiber eines Bordells persönliche Anforderungen stellt. Denkbar ist zum Beispiel die Entziehung der Erlaubnis bei milieutypischen, strafrechtlichen Verurteilungen. Hier müssen Polizeikontrollen möglich sein. Vor allem aber, wenn die Unabhängigkeit der Frau gewahrt ist, kann auch von Hinweisen der Frauen ausgegangen werden, die, durch ihren Kontakt zur Polizei, solche Ungereimtheiten in den Bordellen künftig melden könnten. Wir fordern bundesweite Beratungsangebote für Sexarbeiter im Bereich Ausstieg, Umschulungen und Weiterbildung.

Selbstbestimmtheit heißt auch Schutz der Freiheit

Die Jungen Liberalen fordern weiter, eine Genehmigungserfordernis, die an den Betreiber eines Bordells persönliche Anforderungen stellt. Denkbar ist zum Beispiel die Entziehung der Erlaubnis bei milieutypischen, strafrechtlichen Verurteilungen. Dies soll analog den Regeln des Gaststättenrechts erfolgen.

Selbstbestimmtheit braucht Gesundheit

Die Jungen Liberalen fordern die Fehler des rot-grünen Prostitutionsgesetzes auch im Bereich der Gesundheitsprävention zu beheben. So soll es Präventionsangebote und Aufklärung über gesundheitliche Risiken geben, um der Übertragung von STI vorzubeugen und damit sowohl die Sexarbeiter als auch die Kunden zu schützen. Da unheilbare sexuell übertragbare Krankheiten zu einem Verlust der Arbeitsmöglichkeit führen würden, muss es Angebote für Berufskrankheitsversicherungen für Sexarbeiter/-innen geben. Hierbei sind private bzw. eigenverantwortliche, genossenschaftliche Lösungen einer staatlichen Regulierung vorzuziehen.

Selbstbestimmtheit braucht Datensensibilität

Aufgrund der hohen Stigmatisierung von Prostitution in der Gesellschaft muss der Staat besonders sensibel mit jeder Information über Sexarbeiter, Kunden und Einrichtungen, in denen sexuelle Dienstleistungen angeboten werden, umgehen. Der beste Schutz vor Datenmissbrauch ist Prävention. Daher fordern die Jungen Liberalen, behördliche Informationen bezüglich sexueller Dienstleistungen stets nur bei einer Behörde festzuhalten, sicher zu verschlüsseln, bzw. zu verschließen und bei allen amtlichen Unterlagen und Registrierungen bei denen eine Tätigkeit im Bereich der sexuellen Dienstleistungen erkenntlich wird, die Möglichkeit der Anonymität (z.B. Pseudonym und getrennte Lagerung der Zuordnung zum Klarnamen) zu schaffen, so dass Externe bei Einsicht der Daten bzw. Unterlagen den Klarnamen und die Anschrift bzw. die Art der Dienstleistung nicht einsehen können.

Selbstbestimmtheit braucht strafrechtliche Verfolgung von Zwang

Auf die öffentlich häufig diskutierten kriminellen Aspekte im Umfeld der Prostitution (Zwangsprostitution und Menschenhandel) finden bereits vorhandene Regelungen im Strafgesetzbuch hinreichend Anwendung. Die Jungen Liberalen fordern eine effektivere Strafverfolgung von Zwangsprostitution und der Ausbeutung von Prostituierten. Dabei bedarf es insbesondere einer Reform des § 180 I StGB, der seinem Wortlaut nach auch jegliche legale Form der Prostitution umfasst. Um Menschenhandel und Ausbeutung von Prostituierten besser bekämpfen zu können, bedarf es des Opfer- und Zeugenschutzes in Zusammenarbeit mit entsprechenden. Daher brauchen Sexarbeiter ohne legale Arbeitserlaubnis, die Opfer von Zwang wurden, besonderen Schutz vor Abschiebung bei einer Anzeige. Eine Freierbestrafung bei Zwangsprostitution lehnen die Jungen Liberalen dagegen aufgrund mangelnder Umsetzbarkeit und einer Rekriminalisierung der Prostitution mit negativen Folgen für legale Betriebe und Angebote ab. Stattdessen fordern die Jungen Liberalen, Freier die sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen bei der Aufdeckung und Aufklärung von Missbrauch und Zwangsprostitution stärker mit einzubeziehen. Dadurch, dass sie im direkten Kontakt zu den Prostituierten stehen können sie Missbrauch erkennen der sonst vielleicht unbehelligt bleiben würden. Konkret fordern die Jungen Liberalen deshalb die Einrichtung anonymer Rufnummern, denen die Kunden prekäre Arbeitsverhältnisse melden können, ohne gesellschaftliche Repressalien befürchten zu müssen. Zudem fordern die Jungen Liberalen eine gesellschaftliche Sensibilisierung und Aufklärung zum Thema Ausbeutung von Prostituierten, um auch potentielle Kunden zu erreichen und so legale, freiwillige Angebote zu stärken.

Selbstbestimmtheit auch für Unternehmer im Prostitutionsgewerbe

Die derzeitige Regelung, dass die Einrichtung eines Bordellbetriebs in Städten mit weniger als 50.000 Einwohnern mit Hilfe des Baurechts verhindert werden kann, ist abzuschaffen. Für Bordellbetriebe müssen hier die gleichen Regeln gelten wie für jedes andere Gewerbe auch. Ein bedeutender Teil der Sexarbeit ist die Kundenakquise. Die Möglichkeit der gewissenhaften Kundenauswahl ist dabei ein Faktor, der nicht zeitlich und räumlich durch rechtliche Schranken begrenzt sein darf. Die Einrichtung von Sperrbezirken und Kontaktverboten wie in St. Georg ist aus liberaler Sicht schadensstiftend und führt zu einer Gefährdung der Sexarbeiter sowie zu einem Anstieg der Kriminalität innerhalb des Gewerbes.