Leitlinien für ein liberales Steuersystem

Leistung belohnen, geringe Einkommen entlasten und Bürokratie abbauen: Leitlinien für ein liberales Steuersystem

Um die notwendigen Aufgaben erfüllen zu können benötigt der Staat Geld. Deshalb muss er Steuern erheben können. Gleichzeitig ist das Recht auf Privateigentum ein hohes Gut in unserer Gesellschaft. Deshalb ist es geboten, dass der Staat die Steuern maßvoll erhebt. Steuern sollten dabei transparent, effizient und gerecht erhoben werden. Zur Steuergerechtigkeit gehört für uns die klare Orientierung am Leistungsfähigkeitsprinzip. Mit Eigentum kommt auch eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Nur wenn der Staat auskömmlich finanziert ist, kann er etwa ein Bildungssystem aufbauen, das Menschen unabhängig ihrer Herkunft gerechte Chancen für die Zukunft verschafft.

Die Begründung Menschen mit hohem Einkommen stärker zu belasten und für eine geringere Steuerlast bei den niedrigen Einkommen zu streiten ergibt sich für uns aus dem Willen die Freiheiten in der gesamten Gesellschaft zu mehren. Während Menschen mit hohem Einkommen bereits ein sehr hohes Maß an Freiheit genießen, sind es vor allem Menschen mit geringen Einkommen, denen der Staat mit einfacher Mitteln zusätzliche Freiheiten gewähren kann. Der Grenznutzen des eingesetzten Kapitals im Bezug zu dem damit gewonnen Maß an Freiheit ist dabei umso höher, je mehr dieses Menschen mit geringem Einkommen zufließt. Das oberste Ziel von Steuern darf dabei aber nicht Umverteilung sein. Vielmehr sollen diese erhoben werden um die staatlichen Aufgaben zu finanzieren und damit auch für Chancengerechtigkeit zu sorgen. Sie sollen einen Staat finanzieren, der dieses Geld nicht nur verantwortungsbewusst und transparent erhebt, sondern es auch nach den gleichen Grundsätzen einsetzt.

Darüber hinaus muss unser Steuersystem die richtigen Anreize setzen. Durch die starke Besteuerung von Einkommen aus Arbeit wird momentan ein Schwerpunkt gesetzt, der das Vorankommen durch eigene Leistung behindert. Aufgrund der hohen ökonomischen Fehlanreize durch Steuern Arbeitseinkommen, Konsum und Produktion, wollen wir hier den Fokus auf hohe Erbschaften und Schenkungen legen.

Der Gerechtigkeitsgedanke durch eine überproportionale Belastung von Vermögenden, das Leistungsprinzip durch eine maßvolle Belastung von Einkommen aus Arbeit und das Effizienzstreben in der Erhebung geben uns Leitlinien für eine liberale Steuerpolitik.

 

Bürokratie abbauen

Steuern müssen einfach und unkompliziert erhoben werden. Je komplexer das Steuergesetz wird, desto einfacher ist es insbesondere für Menschen mit besonders großem Vermögen und Unternehmen Schlupflöcher zu finden und durch Steueroptimierung einer fairen Besteuerung zu umgehen. Menschen mit geringen Einkommen, Selbständige oder Kleinunternehmen haben diese Möglichkeiten nicht. Wenn der Eindruck entsteht, dass die Steuerlast nicht gerecht verteilt ist, weil einige Akteure sich der Besteuerung entziehen können, sinkt nicht nur die Steuermoral, sondern auch der soziale Zusammenhalt. Die Entbürokratisierung und Vereinfachung des Steuersystems dient nicht nur der Kosteneinsparung bei der Erhebung, sondern ist für uns auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Konkret fordern wir:

Digitalisierung ausweiten

Die Verfahren, wie Abgabe elektronischer Steuererklärungen, vollautomatisierte Festsetzungen oder auch Steueranmeldungen im Stil der Umsatzsteuer sind Instrumente, die den Aufwand auf Seiten der Verwaltung und der Bürger mindern. Der Übergang zu vollautomatisierten Verfahren muss beschleunigt werden. Zur Vereinfachung der Arbeitsabläufe muss der digitale Austausch von Daten zwischen den Bundesländern gefördert werden.

 

Die Abschaffung aller Bagatellsteuern:

Zur Vereinfachung des Steuersystems setzen wir uns für die Abschaffung aller Steuer ein, die weniger als 0.2% des Steueraufkommens ausmachen, ein. Es sollen darüber hinaus alle Steuern entfallen, die in ihrer Erhebung mehr kosten als sie einbringen.

 

Die Abschaffung der Kirchensteuer:

Die Finanzierung von Glaubensgemeinschaften muss unabhängig von der staatlichen Hand und ohne Nutzung der staatlichen Ressourcen erfolgen.

 

Ehegattensplitting zu Familiensplitting:

Die aktuelle Ausgestaltung des Ehegattensplitting diskriminiert vielfältige Familienkonzepte und hemmt die gleichzeitig die Gleichstellung durch Anreize zur Manifestierung traditioneller Rollenbilder. Wir wollen das Ehegattensplitting daher daher abschaffen. Es soll durch ein Familiensplitting nach französischem Vorbild ersetzt werden, dass einen Steuerdevisor pro Kind vorsieht und ausdrücklich auch Alleinerziehende und adoptierte Kinder berücksichtigt.

 

Steuerflucht verhindern

Ein Steuersystem ist  nur dann gerecht, wenn alle ihren Beitrag leisten. Wenn Unternehmen oder Vermögende Möglichkeiten finden einer gerechten Besteuerung zu entgehen, sinkt die Steuermoral insgesamt. Nicht nur führt es zu Wut und Frustration bei allen die ihre Steuern regelmäßig zahlen, es gehen auch Milliardeneinnahmen verloren, die entweder zur Ausfinanzierung des Staates, oder zur steuerlichen Entlastung genutzt werden könnten.

Konkret fordern wir:

 

Ausstattung der Steuerverwaltung:

Die Finanzverwaltung soll durch die Vereinfachung der Steuergesetze nach und nach entschlackt werden.  Die Ausbildung der Steuerbeamten soll insbesondere für die Bereiche Betriebsprüfung und Steuerfahnung erfolgen.

 

Digitalkonzerne besteuern:

Die Geschäftsmodelle vieler Firmen der New Economy entziehen sich dem klassischen Steuersystem. Unser Steuersystem muss endlich im digitalen Zeitalter ankommen. Lösungen für die Besteuerung von Digitalkonzernen sollten idealerweise auf internationaler Ebene getroffen werden. Deshalb fordern wir von der Regierung die Bemühungen hierzu bei OECD zu forcieren. Sollte hier absehbar keine gemeinsamen Lösungen gefunden werden, sollten die EU oder hilfsweise Deutschland selbstständig eine Digitalsteuer einführen.

 

Europäische Mindeststeuersätze:

Durch das Ausnutzen innereuropäischer Lücken in der Steuergesetzgebung gehen alleine Deutschland geschätzte 20 % der Einnahmen aus der Körperschaftsteuer verloren. Von den Regelungslücken profitieren insbesondere internationale Großkonzerne. Durch das Ausnutzen dieser Lücken können Sie sich vor einer fairen Beteiligung an den Kosten des Gemeinwesens drücken. Wir fordern deshalb eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer in der EU, sowie die Einführung eines EU-weiten Mindeststeuersatzes. Gleichzeitig bekennen wir uns zur Möglichkeit des Steuerwettbewerbs auch innerhalb der EU. Wir fordern deswegen einen am unteren Ende des Spektrums angesetzten Mindeststeuersatz.

 

Steueroasen austrocknen:

Nicht zuletzt die Panama-Paper haben gezeigt wie vermögende Privatpersonen und Unternehmen Steueroasen ausnutzen, um Geld und Vermögenswerte vor den europäischen Steuerbehörden zu verstecken. Länder die bewusst und vorsätzlich Regeln schaffen, die es internationalen Großkonzernen und vermögenden Menschen ermöglichen die in den Mitgliedstaaten geltenden Steuergesetze auszutricksen, müssen bestraft werden. Hierzu gehören Sanktionen gegen das Land und verantwortliche Einzelpersonen. Gleichzeitig müssen auch Beratungen und Banken, die illegale Steuertricks von Kunden fördern durch harte Strafen abgeschreckt werden. Hierzu gehören nicht nur Geldzahlungen, sondern auch der Entzug der Banklizenz. Um das illegale Verschieben und Verstecken von Vermögenswerten weiterhin zu erschweren, setzten wir uns für stärke Transparenz ein und fordern ein internationales Finanzregister.

 

Geringe Einkommen entlasten

Die Entlastung geringer und mittlerer Einkommen ist ein zentrales Ziel unserer Steuerpolitik. So schaffen wir mehr Freiheiten für diese Gruppe. Gleichzeitig wird umso mehr von dem durch Steuern gesparten Geld in Konsum investiert, je geringer das Einkommen ist. So wollen wir die Konjunktur ankurbeln und den Kuchen für alle größer machen.

Konkret fordern wir:

 

Senkung und Reform der Umsatzsteuer:

Ständige Erweiterungen und Veränderungen an der Einzelnorm zur Mehrwertsteuerermäßigung haben zu einem undurchschaubaren Geflecht von ermäßigten Produkten geführt, deren Berechtigung dazu fraglich erscheint. Die Aufteilung zwischen ermäßigtem und regulären Steuersatz muss neu geordnet werden. Der ermäßigte Steuersatz sollte nur für absolut grundsätzliches gelten.

 

Grundsteuer abschaffen:

Die Grundsteuer auf Wohnimmobilien ist in jeder Ausprägung ungerecht. Entweder bekommt sie den Charakter einer Vermögenssteuer, was mit einem erheblichen Bewertungsaufwand verbunden wäre, oder sie verallgemeinert, wo eigentlich differenziert werden sollte. Aus unserer Sicht muss die Steuer abgeschafft werden. Da die Grundsteuer auf Mieten umgelegt wird, wäre dies die größte deutschlandweite Einzelmaßnahme zur Senkung der Mieten in der Geschichte.

 

Kapitalerträge wie Einkommen aus Arbeit besteuern:

Kapitalerträge sollen zukünftig wie Einkommen aus Arbeit besteuert werden. Um die Erhebung zu vereinfachen, Steuerverkürzung und -hinterziehung zu bekämpfen sowie zur europarechtskonformen Vermeidung von Doppelbesteuerung ausgeschütteter Unternehmensgewinne kann die Besteuerung von Kapitaleinkünften auch weiterhin per Abgeltungsteuer erfolgen, wenn sie im Wesentlichen zu einer ähnlichen Abgabenbelastung wie die des Arbeitseinkommens führt. Die Abgabenbelastung der Kapitalerträge ist einschließlich der unternehmerischen Gewinnsteuer zu verstehen. Ausnahmen hierfür sollen geschaffen werden, wenn das Geld ausschließlich für die Altersvorsorge angelegt wird. Zusätzlich fordern wir eine zehnjährige Spekulationsfrist.

 

Kalte Progression beenden:

Die Jungen Liberalen setzen sich weiterhin für die Abschaffung der kalten Progression ein. Es kann nicht sein, dass nur der Staat von den Lohnerhöhungen profitiert – und das insbesondere im Bereich der kleinen und mittleren Einkommen.

 

Abschaffung der Flattax für Sozialabgaben:

In nur wenigen Ländern der Welt ist die Belastung durch Sozialabgaben für geringe und mittlere Einkommen so hoch wie in Deutschland. Dies wollen wir ändern, in dem wir auch bei den Sozialabgaben ein linear-progressives Modell fordern, in dem die Mindestbeitragsbemessungsgrenzen deutlich angehoben werden und die Mindereinnahmen aufkommensneutral innerhalb des Modells ausgeglichen werden.

 

Leistung belohnen

Zur Chancengerechtigkeit gehört für uns nicht nur ein Bildungssystem, das allen gerecht wird, sondern auch ein Steuersystem, in dem es allen Menschen, unabhängig vom Elternhaus, möglich ist ein Vermögen aufzubauen. Das Recht auf Privateigentum ist nur dann haltbar, wenn es durch die reale Chance eines jeden zur eigenen Vermögensbildung ergänzt wird. Deshalb stehen wir für eine Steuerpolitik, die Vorankommen durch eigene Leistung belohnt. Um dies zu erreichen setzten wir uns für eine deutliche Senkung der Einkommenssteuer aus. Darüber hinaus bekennen wir uns klar zum linear-progressiven Tarif. Die Steuerausfälle sollen durch eine gleichzeitige Reform und Erhöhung der Erbschaftssteuer insbesondere für hohe Erbschaften ausgeglichen werden. Während wir die Vermögenssteuer auf Grund der Komplexität und des Aufwands der regelmäßigen Bewertung ablehnen, ist der bürokratische Aufwand, die Bewertung nur im Erbfall vorzunehmen, vertretbar. Die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen führen zu geringeren ökonomischen Fehlanreizen, als die Besteuerung von Einkommen, Konsum und Produktion.

Eine Reform der Erbschaftssteuer muss dabei die Ausnahmen für das Vererben eines Hauses oder eines Unternehmens berücksichtigen. Das eigene Elternhaus stellt für viele Menschen einen besonderen emotionalen Wert dar. Daher fordern wir eine grundsätzliche Erhöhung des Freibetrags und Stundungsmöglichkeiten für darüber hinausgehende Beträge. Der Freibetrag soll regional angepasst werden, um den regional unterschiedlichen Grundstückswerten gerecht zu werden. Es ist eine Sicherheitsleistung zu erbringen.

Ein grundsätzliches Problem bei der Erbschaftssteuer stellt das Vererben von Unternehmen dar. Sollten die Erbschaftssteuern unmittelbar nach der Erbschaft gezahlt werden müssen, könnte dies zu einem indirekten Zwang führen das Unternehmen ganz oder zumindest teilweise zu verkaufen. Dies muss im Rahmen einer Erbschaftsteuerreform verhindert werden. Viele Unternehmen in Deutschland haben eine lange Tradition in Familienhand. Ein Weiterreichen an die nächste Generation verhindert einen Verkauf und eine Verlagerung ins Ausland, bringt Kontinuität und insbesondere Sicherheit für die Beschäftigten.

Gleichzeitig müssen aber auch die Erben von Unternehmen besteuert werden, um ein Umgehen der Erbschaftssteuer zu verhindern und ein gerechtes System zu schaffen. Daher soll zukünftig die Erbschaftssteuer bei den Erben eines Unternehmens gestundet werden können. Die Schuld aus der Erbschaftssteuer soll durch die Erben immer dann abbezahlt werden, wenn diese persönlichen Gewinn, etwa durch Entnahmen oder Verkäufe, aus dem Erbe, bzw. dem Unternehmen ziehen. So wird den Erben zudem die Möglichkeit gegeben mit dem Unternehmen langfristig die anfallende Erbschaftssteuer zu erwirtschaften, ohne dafür Teile des Unternehmens verkaufen zu müssen. Es ist eine Sicherheitsleistung zu erbringen.