Hochbegabt und unten durch?

Es ist zu begrüßen, dass Inklusions- und Fördermöglichkeiten für leistungsschwächere Schüler an Hamburgs Schulen immer verstärkter angeboten werden, um so denjenigen, die Unterstützung beim Erlernen von Inhalten des Lehrplans benötigen, eine bestmögliche Hilfestellung zu gewährleisten.

Gleichzeitig, sollte jedoch auch die Forderung von Schülern mit entsprechendem Potential weiter vorangetrieben werden.

Einer von 50 Schülerinnen und Schülern (was im Schuljahr 2018/2019 in Hamburg ca. 5.600 Personen entspricht), weist einen Intelligenzquotienten von mindestens 130 auf und gilt somit im allgemeinen Sprachgebrauch als „hochbegabt“. Hochbegabte Schülerinnen und Schüler haben oftmals Probleme, dem Unterricht in der Form der jetzigen Ausgestaltung zu folgen. Eine Unterforderung führt nicht selten zu einer Erbringung von (teilweise stark) unterdurchschnittlichen Leistungen (sog. „underperformer“), obwohl ein gewisses Potential vorliegt, welches eine entsprechende Basis für intelektuelle Höchstleistung bietet.

Ein Grund hierfür ist zum einen die fehlende oder erst deutlich zu spät stattfindende Erkennung von Hochbegabungen. In den meisten Fällen neigen Eltern dazu, die Hochbegabung ihres Kindes zu verkennen, da sie sich eine „ganz normale“ Entwicklung ihres Kindes wünschen. Entwickelt sich das Kind – naturgemäß – anders, als andere Kinder in einer vergleichbaren Altersgruppe, wird dies oftmals als Verhaltensstörung deklariert, was fatale Folgen für die Entwicklung des hochbegabten Kindes haben kann.

Von Eltern ist nicht zu erwarten, dass sie das Vorliegen einer Hochbegabung realisieren – daher ist es eine Pflicht der Kindergärten und Schulen, versteckte Potentiale zu erkennen und entsprechende Fördermöglichkeiten zu veranlassen.

Leider findet sich in der Ausbildung zum Kindergärtner/zur Kindergärtnerin kein einziges Modul, was die Erkenntnis und den Umgang mit hochbegabten Kindern thematisiert. In der Lehrerausbildung (Studium: Erziehungs- und Bildungswissenschaftlich) findet sich lediglich ein Vorlesungsmodul mit der Gesamtdauer von 90 Minuten, in welchem die angehenden Pädagogen mit dem Thema „Hochbegabung“ konfrontiert werden.

Selbst im Falle der Erkenntnis einer Hochbegabung, lässt sich oftmals keine geeignete Umgangsform mit dieser finden, da Lehrpläne und schulische Strukturen nicht entsprechend auf einen solchen Fall ausgelegt sind.

Möglichkeiten, wie das Überspringen einer oder mehrerer Klassen, die Teilnahme am Unterricht in höheren Klassenstufen in bestimmten Fächern oder ein Früh-/Juniorstudium schaffen oftmals keinen Mehrwert und stellen die betroffene Schülerin/den betroffenen Schüler zuweilen vor massive soziale Probleme.

Es sind Lösungen zu ergründen, wie dieser Problematik besser entsprochen kann, da nicht nur ein verschwindend geringer Anteil der Heranwachsenden betroffen ist.

Wir Jungen Liberalen fordern daher:

  1. Eine bessere Schulung von Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern, sowie von Lehrkräften in der Primär- und Sekundarstufe, Hochbegabungen zu diagnostizieren.
  2. Die Einführung zielführender Modelle zur Forderung und Förderung von Hochbegabten, um diesem nicht zu verachtenden Anteil der Schülerinnen und Schüler hilfreiche Modelle an die Hand zu geben, um ihre Stärken bewusst und sinnvoll zu nutzen.
  3. Eine breite Aufklärung über das Thema Hochbegabung speziell im Kosmos des Schulwesens – ein hochbegabtes Kind ist weder ein „besseres“, noch hat es eine „krankhafte Anomalie“. Durch ein breiteres Verständnis in der Bevölkerung schaffen wir es, Hochbegabte stärker in die Gesellschaft einzubinden und ihre Stärken zum Wohle der Allgemeinheit zu nutzen.
  4. Verstärkte Investitionen in die Forschung hinsichtlich Hochbegabung und dem Umgang dieser. Im Gegensatz zur Förderbedürftigkeit ist dieses Feld noch weites gehend unerforscht, weswegen eine angemessene Forderung deutlich schwerer zu realisieren ist, als sie sein müsste.