Das Thema häusliche Gewalt ist in Deutschland gleichbleibend aktuell. Fast alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Mensch Opfer von häuslicher Gewalt, die Tendenz der Zahlen steigt. Die Opfer sind überwiegend Frauen, in Familienkonstellationen sind jedoch Kinder am häufigsten betroffen.
Die Jungen Liberalen Hamburg sehen es als Aufgabe der Politik, diesem Trend entgegenzuwirken. Wir wollen dabei auf bessere Angebote für Betroffene und besonders schützenswerte Gruppen setzen; diese müssen zielgerichtet und niedrigschwellig sein. Gleichzeitig soll es auch um Prävention und Sensibilisierung gehen. Wir sehen die Lösung in breit aufgestellten Konzepten.
Frauenhäuser sind entscheidende Zufluchtsorte für die Opfer von häuslicher Gewalt. Dennoch gibt es in ganz Hamburg nur sechs Frauenhäuser mit insgesamt 244 Plätzen. Im Jahr 2022 waren diese im Schnitt zu 95% ausgelastet. Gleichzeitig kehren viele Frauen nach dem Aufsuchen der Einrichtungen in die prekären Lebenssituationen zurück, im Schnitt bis zu sieben Mal. Diese Zahlen sind alarmierend!
Die Jungen Liberalen Hamburg fordern daher
- eine Ausweitung der Anlaufstellen und Kapazitäten für Frauenhäuser in Hamburg. Besonders ist dabei darauf Rücksicht zu nehmen, dass viele Frauen mit Kindern in die Einrichtungen kommen. Hierbei sollen auch möglichst Investitionen des Bundes abgerufen werden. Neben der Koordination zwischen Einrichtungen sollen auch in das landesweite Netz die Justiz, externe Beratungsstellen, Ämtern und den zuständigen Stellen in der Politik eingebunden werden. Wie im Raum Stuttgart soll auch ein Krisennotfallteam für Soforthilfen bereitstehen.
- langfristig einen Ausbau zu einem Interventionszentrum nach dem Beispiel Landau. Hierbei soll es auch eine Erstberatungsstelle geben, die eine Ersteinschätzung zur Lage und nötigen Maßnahmen abgeben kann.
- eine bundesweite Koordinierung aller Bundesländer und der Entwicklung einer Strategie für die Aufstockung von Angeboten und eine – falls nötig – länderübergreifende Verteilung von Schutzsuchenden. Diese soll sowohl bei zu hoher Auslastung als auch dann greifen, wenn eine Frau möglichst viel Abstand zu ihrem Wohnsitz erlangen will.
- eine regelmäßige Dunkelzifferstudie in Deutschland zu häuslicher Gewalt. Dass nach 20 Jahren zum ersten Mal wieder eine solche Studie erhoben werden soll, begrüßen wir. In Zukunft darf ein solches Dunkelfeld allerdings nicht erneut entstehen; daher muss alle fünf Jahre eine neue Erhebung erstellt werden.
- ein Update des Konzepts des Frauenhauses. Der Aufenthalt soll dabei in drei Phasen unterteilt werden.
- In einer ersten Auffangphase sollen die Betroffenen wie bisher psychologisch betreut werden. Mit Sozialarbeitern, Psychologen und ggf. anderen Betroffenen soll eine bestmögliche Betreuung in der ersten Zeit sichergestellt werden. Die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen, wie beispielsweise vorhandene Kinder, müssen eng berücksichtigt werden. Es soll den Opfern häuslicher Gewalt dabei eine größtmögliche Betreuung vor Ort in der Einrichtung zukommen.
- In der zweiten Stabilisierungsphase soll der Übergang in eine eigene Wohneinheit wieder ermöglicht werden. Das Eintreten in die zweite Phase erfolgt nach Rücksprache der Betroffenen mit den Experten. Es soll dabei freigestellt werden, ob eine Wohnung oder WG bevorzugt gesucht wird.
Auch wenn der Fokus weiterhin auf psychologischer Unterstützung liegt, soll auch bei der Vermittlung von Jobs und Ausbildungsplätzen unterstützt werden, um die Betroffenen langsam, aber sicher von Abhängigkeiten zu befreien und in einen geregelten Alltag zurückzuführen. Zu diesem Punkt beitragen sollen im selben Schritt stufenweise ansteigende Mieten. Die Wohnungen sollen speziell ausgewählt und mit einem Schutzkonzept versehen werden. Sie sind – genau wie die Adressen der Frauenhäuser – geheim zu halten, entsprechende Partner in Bezug auf die Wohnungsgeber müssen sorgsam gesucht und ausgewählt werden. - In der dritten Phase, der Entlassungsphase, kehren die Frauen immer mehr zu einem selbstbestimmten Leben außerhalb der Einrichtung zurück. Die Schutzmaßnahmen können – Schritt für Schritt und an den Fortschritt der Betroffenen angepasst – aufgehoben werden. Die Psychologen und die Sozialarbeiter der Einrichtung bieten weiterhin ihre Hilfe an, Hausbesuche sollen auch weiterhin durchgeführt werden. Die Abstände dieser sollen bedarfsgerecht größer werden und mit einem letzten Beratungsgespräch auslaufen.
- die Aufstockung des Angebotes an Einrichtungen für Männer, sowohl bei Beratungsstellen als auch bei Männerhäusern. Für diese oft unterschätze Problematik sollen außerdem weitere Sensibilisierungsangebote geschaffen werden.
- die Evaluation des Bedarfes für weitere Gruppen, Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Hierzu zählen beispielsweise Personen aus der LGBTQ-Community.
- die Wohnungen und Wohngemeinschaften, die für Betroffene zur Verfügung gestellt werden, müssen ausgebaut werden. Zukünftig soll jedes Bundesland pro 5000 Einwohner einen solchen Platz zur Verfügung stellen. Ist dies bis 2026 nicht geschehen, soll jedes Land dazu verpflichtet werden ein Sofortprogramm zur Aufstockung der family spaces vorzulegen.
- dass die Täterarbeit gestärkt wird. Nicht nur die Beratungsangebote generell müssen für Täter gestärkt, sondern auch entsprechende Prävention ausgebaut werden.
- Verschärfungen von entsprechende Rechtsakten zum Schutz von Opfern. Zukünftig soll spätestens dann jeder Täter, der aufgrund der Gewalttätigkeit einen Platzverweis der Polizei aus seiner Wohnung bekommt, verpflichtend an einem Programm zur Aggressionskontrolle teilnehmen müssen.