30.08.2025

Aus großer Kraft folgt große Verantwortung – Für eine moderne und verantwortungsvolle Polizei

Die Polizei übt in unserer Gesellschaft das staatliche Gewaltmonopol aus. Sie ist per Gesetz dazu berechtigt, in die Grundrechte der Bürger einzugreifen, Zwang auszuüben und im Extremfall sogar tödliche Gewalt anzuwenden. Diese außergewöhnlichen Befugnisse sind in einem Rechtsstaat nur dann legitimiert, wenn sie von ebenso außergewöhnlich strengen Kontrollmechanismen beschränkt werden. Das Vertrauen der Bürger in die Polizei ist das Fundament eines funktionierenden Rechtsstaates. Nur wenn Bürger darauf vertrauen können, dass das Gewaltmonopol verantwortungsvoll ausgeübt wird und Missbrauch konsequent aufgeklärt wird, kann die Polizei ihre Aufgabe als Freund und Helfer erfüllen. Große Macht bedeutet ebenso eine große Verantwortung. Wer das staatliche Gewaltmonopol ausübt, muss stets an den höchsten Standards gemessen werden. Liberale Rechtsstaatlichkeit bedeutet nicht, die Polizei zu schwächen, sondern sie zu stärken: durch klare Regeln, effektive Kontrolle und moderne Standards. Eine Polizei, die sich diesen Standards unterwirft und offen für Kritik ist, gewinnt an Legitimität und öffentlicher Unterstützung.

Deshalb fordern wir Junge Liberale Hamburg:

Einführung einer unabhängigen Beschwerdestelle mit Ermittlungskompetenz nach dänischem Vorbild

Wir fordern die Einrichtung einer vollständig unabhängigen Polizeibeschwerdestelle nach dem bewährten dänischen Modell mit folgenden drei Hauptaufgaben:

  • Bearbeitung von Verhaltensbeschwerden gegen Polizeibeamte
  • Eigenständige Ermittlungen bei Strafvorwürfen gegen Polizeibeamte
  • Untersuchungen bei Todesfällen oder schweren Verletzungen durch Polizeimaßnahmen oder im Polizeigewahrsam, die bislang durch die Polizei durchgeführt werden müssen

Die 2021 geschaffene Dienststelle “Beschwerdemanagement und Disziplinarangelegenheiten” (BMDA) wird oft als moderne Beschwerdestelle beworben, verfügt jedoch nicht über eigene Ermittlungskompetenz und ist strukturell nicht unabhängig, da sie organisatorisch innerhalb der Polizei angesiedelt ist und direkt dem Polizeipräsidenten unterstellt ist. Wir bezweifeln, dass dieses Konstrukt wirklich als unabhängige Beschwerdestelle bezeichnet werden kann. Das Grundproblem “Polizei kontrolliert Polizei” bleibt bestehen – eine Struktur, die bei Betroffenen und in der Öffentlichkeit zu berechtigtem Misstrauen führt und den internationalen Standards für demokratische Polizeikontrolle nicht genügt.    

Die Beschwerdestelle soll bei der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz angesiedelt und damit organisatorisch, personell und finanziell vollständig unabhängig von Polizei und Staatsanwaltschaft sein und über umfassende Ermittlungsbefugnisse verfügen: Eigenständige Zeugenvernehmung, Beweissicherung, Akteneinsicht und die Befugnis zur Anordnung forensischer Untersuchungen. Erst nach Abschluss der Ermittlungen wird ein Bewertungsbericht an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Um eine Ausweitung des Verwaltungsapparats und Kompetenzdopplungen zu vermeiden, planen wir, die Stelle mit strikt geregelten Kompetenzen auszustatten und das benötigte Personal an der bisherigen Stelle einzusparen.

Höhere rechtliche Anforderungen für den Einsatz von Reizgas in Menschenmengen

Beim Einsatz von Reizgas bei Großveranstaltungen, Demonstrationen und Fußballspielen kommt erwiesenermaßen ein hoher Anteil Unbeteiligter und sogar Sicherheitskräfte zu Schaden. Daher fordern wir eine starke Beschränkung des Reizgas -Einsatzes, der nur erlaubt sein soll, wenn:

  • weniger eingreifende Mittel versagt haben oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aussichtslos wären
  • der Einsatz von Reizgas das mildeste Mittel ist, um der Gefahrenlage tatsächlich entgegenzutreten und den Schusswaffengebrauch zu vermeiden
  • gerechtfertigt werden kann, dass unbeteiligte Dritte ebenfalls getroffen werden. Hieran sind besonders hohe Hürden zu legen.
  • der Einsatz vollständig dokumentiert und damit der gerichtlichen Prüfung im Nachgang unterworfen wird

Einsetzende Polizisten sollen für Risikogruppen wie junge, kranke oder unter Medikamenteneinfluss stehende Personen sensibilisiert werden. Diese sind insbesondere in unübersichtlichen Situationen besonders zu schützen. Jeder Einsatz von Reizgas unter den genannten Umständen muss einzeln dokumentiert und schriftlich gerechtfertigt werden, sodass die Möglichkeit einer gerichtlichen Prüfung im Nachhinein gewahrt bleibt.

Gleiche rechtliche Anforderungen beim Einsatz von Distanz-Elektroimpulsgeräten (Taser) wie bei der Dienstwaffe

Taser sind keineswegs ungefährlich: Bei Vorerkrankungen wie Asthma oder Herzrhythmusstörungen, psychischen Erkrankungen oder Drogenkonsum drohen schwerwiegende gesundheitliche Folgen und im Extremfall der Tod der Betroffenen. Wir begrüßen, grundsätzlich die Einführung von Tasern als potenzielle Alternative zur Schusswaffe, fordern aber angesichts der dokumentierten Risiken:

  • Hohe Hürden für den Einsatz
    Zudem muss auch für Taser das Prinzip „Androhung vor Einsatz“ gelten. Nach dem Einsatz muss eine vollständige Dokumentation und Rechtfertigung für den Einsatz erfolgen. Diese soll in jedem Fall durch eine unabhängige Beschwerdestelle überprüft werden.
  • Automatische Aktivierung der Bodycam
    Verpflichtende automatische Aktivierung von Bodycam bereits beim Ziehen des Tasers aus dem Holster durch Bluetooth Integration. Moderne Taser-Systeme wie der Axon Taser 7 unterstützen diese Technologie bereits.
  • Schutz von Risikogruppen
    Es gibt bestimmte Risikogruppen, bei denen ein Einsatz von Tasern mit höherer Wahrscheinlichkeit schwere gesundheitliche Schäden bis hin zum Tod auslösen kann. Alle Einsatzkräfte, die mit einem Taser ausgestattet werden, sind für diese Risiken zu schulen und zu sensibilisieren. Die Risikogruppen umfassen:
    • Personen mit Herzerkrankungen, Asthma oder andere Atemwegserkrankung 
    • Personen mit psychischen Ausnahmezustände oder Erkrankungen 
    • Personen unter Drogen oder Alkoholeinfluss
    • Schwangere und ältere  
  • Transparenz und Kontrolle
    Wir fordern eine vierteljährliche Veröffentlichung aller Taser-Einsätze mit anonymisierten Fallbeschreibungen. Zudem sollen alle Betroffenen von Tasereinsätzen medizinisch nachuntersucht werden. Über die gesundheitlichen Folgen von Tasereinsätzen soll regelmäßig Statistik geführt und diese veröffentlicht werden. 

Den Bestrebungen einiger Polizeigewerkschaften nach niedrigeren Schwellen für den Einsatz von Tasern stellen wir uns entgegen. Derartige Gewalt sollte stets die Ausnahme sein.

Verpflichtende Einführung von Bodycams

Bodycams sind seit 2015 in Hamburg im Einsatz, aber bisher nicht flächendeckend eingesetzt. Wir fordern die verpflichtende Ausstattung aller Streifenpolizisten mit Bodycams als Standardausrüstung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind mit § 18 PolDVG bereits geschaffen. Bodycams dienen dem Schutz aller Beteiligten – sowohl der Polizeibeamten vor falschen Anschuldigungen als auch der Bürger vor Polizeigewalt. Sie dokumentieren komplexe Sachverhalte objektiv und ermöglichen eine nachträgliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit polizeilichen Handelns.

Sensibilisierung für Rassismus und Sexismus

Wir fordern die verpflichtende Einführung von Fortbildungen gegen Rassismus und Sexismus in der Polizeiausbildung in Hamburg. Diese sollen Themen wie Alltagsrassismus, interkulturelle Sensibilität, Gleichstellung sowie den Umgang mit geschlechtsspezifischer Gewalt beinhalten. Zudem sollen regelmäßig Auffrischungsseminare für alle Polizeibeamtinnen und -beamten durchgeführt werden, um Wissen und Sensibilität auf dem aktuellen Stand zu halten. Zudem braucht es eine besondere Thematisierung geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich der Tatsache, dass auch Männer Opfer von Gewalt in Beziehungen werden können und dies von Polizei und Justiz ernst genommen werden muss.

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